Afternoon of a Faun

Video (05:05 min) / ortsspezifische Installation:
bedruckte Fahne, 120 x 160 cm, handgenähte Textil-Weintrauben, modellierte Steine aus Mörtel, 2021


Afternoon of a Faun ist eine multimediale Recherche-Arbeit; bestehend aus Videos, performativen Interventionen und einer Reihe von installativen Elementen.
Dazu gehören eine bedruckte Flagge, Fels-Elemente (aus Mörtel) und handgenähte Textil-Weintrauben. Das Video bildet den Mittelpunkt der Arbeit und erzählt auf essayistische Weise von einem Crossdressing meines Vaters und Freund*innen im Jahr 1992.

Dabei schlüpft mein Vater in die Rolle von Freddie Mercury im Musikvideo “I Want to Break Free” der Band Queen. Im Video werden die Amateuraufnahmen mit Elementen aus dem Original-Musikvideo und Recherchematerial verschachtelt. Die verschiedenen Elemente verschwimmen zu einer Narration, in der die Thematiken von sozialer Arbeiterklasse, sozialen Zugängen zu Hoch- und Pop- und Clubkultur, das spielerische Experimentieren mit Geschlechtsidentitäten und das Eintauchen in Fantasie-Welten miteinander verknüpft werden.

Das Video wird aktuell mit neuen Überlegungen, Reflexionen und Assoziationen zu den Thematiken überarbeitet.



















Im Original-Musikvideo von Queen gibt es eine Sequenz, die in Kooperation mit dem Royal Ballett London gedreht wurde.
Kostüme und Bühnenbild dieser Sequenz referieren auf das Ballettstück L’aprés midi d’un faune (Nachmittag eines Fauns), choreografiert von Vaslav Nijinsky, das 1912 in Paris uraufgeführt wurde.
Das Stück wurde zu Stéphane Mallarmés gleichnamigen Gedicht und Claude Debussys Musikstück Prélude à l’apres-midi d’un faune choreografiert und sorgte wegen seiner deutlich sexuellen Inhalte für einen Skandalerfolg.

Das Musikvideo von Queen erzielte in den USA einen ähnlichen Effekt: Das Performen der Band in Drag galt dort 1984 als unangebracht, weshalb das Musikvideo vorerst nicht gezeigt wurde. Erst 1991 wurde das Video bei dem Musiksender VH1 ausgestrahlt.

Die Faun-Szene wurde in dem Remake meines Vaters und seinen Freund*innen nicht nachgedreht. Als ergänzende Geste und Annäherung an das Material verkörpere ich im Jahr 2021 den jungen Faun vor der Oper in Leipzig. Im Anschluss an die Performance wird die Fahne mit dem Bild meines Vaters durch die Stadt getragen.

Die Installation des Videos in einem Technoclub in Leipzig greift die bühnenbildnerischen Elemente des Ballettstücks und des Videos auf.

Welche inhaltlichen und ästhetischen Reibungspunkte ergeben sich durch die Überblendung von Zeiten, Narrativen, Orten der Hoch-, Pop- und Clubcultur und den Verweisen auf unterschiedliche soziale Klassen?



















︎Annika Stoll ist Künstler*in in Leipzig entwickelt performative Situationen und Installationen mit Sound, Video und verträumten Textil-Landschaften 〰️ Info & Kontakt ︎ Aktuelles